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The Dutch Job

Freitag Abend: Matthias B. wünscht sich einen Doghnut. Seit einer geschlagenen Dreiviertelstunde beobachtet er im Rückspielgel die aus dem Dunkel der Dezembernacht auftauchenden Scheinwerfer. Sein Kollege Karsten B. hat die Fenster auf der Fahrerseite heruntergelassen, um zu verhindern, dass die Scheiben beschlagen. Es ist kalt. Vom Rücksitz des Wagens dringt ein Murren, das im Verlauf der letzten halben Stunde deutlich grimmiger geworden ist: 'Wir sollten sie anrufen!' Sven H., der Stratege im Team, ist es gewohnt, den einfachen Weg zu gehen. Doch der einfache Weg ist nicht der Weg, an dem seine beiden Kompagnons auf den Vordersitzen Gefallen finden. Pragmatismus ist ihnen fremd. Matthias B., das Wiesel, ist der Typ, der seine Widersacher müde hetzt. Wo Sven H. ein einziger Cut genügt, macht Matthias drei. Er liebt das Spiel mit dem Gegenspieler, die Panik in den Augen der Defense drei Meter hinter ihm auf der geschlossenen Seite. Karsten B. ist einfach nur halsstarrig. Wenn er beschlossen hat, ein Spielzug sei nur mit einem haarsträubenden Overhead über das gesamte Spielfeld erfolgreich abzuschließen, dann muss dieser Overhead geworfen werden. Alternativen werden nicht mehr erwogen. So auch jetzt. Die einzig vernünftige Möglichkeit, das Sportcenter Leek im dichten Schneetreiben zu finden ist in seinen Augen die Observation des nächtlichen Verkehrs auf dieser abgelegenen niederländischen Landstraße. Wenn der Bus mit den Zielobjekten, der zweiten Hälfte des Teams Fischbees I hier vorüber fährt, wird die Verfolgung aufgenommen und auf diesem Weg schließlich die Destination erreicht. Doch der Bus kommt nicht. Karsten B. wird mürbe. Er ruft an. Später wird ihn Bockes B., die personifizierte gute Laune im Team, freudestrahlend darüber in Kenntnis setzen, er habe den roten Astra beim Vorüberfahren am Straßenrand bemerkt, die Notwendigkeit einer Kontaktaufnahme sei ihm daraufhin jedoch nicht in den Sinn gekommen. Der Anruf bei Thomas B. und Thorsten S. versorgt die wartenden Männer mit der Information, der Bus habe inzwischen das Sportcenter erreicht und man solle sich selbst aus der Patsche helfen. Gut. In dieser Situation schiebt sich das Gesicht einer vierten Person ins Licht der Straßenlaterne, das durch die halb zugefrorenen Scheiben ins Innere des Wagens fällt: Tommy M., das Gehirn. Wo das Erinnerungsvermögen anderer Menschen aussetzt, ist dieser Mann zuhause. Systematisch und präzise ruft Thomas M. sich ins Gedächtnis, was zwölf Monate zuvor auf dieser Landstraße geschah, und gibt daraufhin seine Anweisungen. Fünf Minuten später trifft das Team im Sportcenter ein. Es gibt kein Bier und auch keine Doghnuts.


Samstag Morgen: In der Mitte des ovalen Tisches, um den sich das Team in der Kantine versammelt hat, steht ein kleines Schälchen bunter Zuckerstreusel. 'Wir müssen wach sein', wiederholt Bastian G., der Kapitän. 'Ja, wach müssen wir sein', denkt Sebastian Z., den sie nur den 'Oz' nennen, und starrt in seinen Kaffeebecher. Der Kaffee ist dünn und das Milchpulver löst sich nur schlecht darin. Fünfundvierzig Minuten und eine Niederlage gegen zahlen- und altersmäßig weit unterlegene Holländer später ergreift der Kapitän wieder das Wort: 'Noch wacher!' Gut, noch wacher! Das Team versucht umzusetzen, was der Kapitän verlangt. Als die Männer zum zweiten Mal vom Feld kommen, haben sie Nijmegen knapp besiegt. Sehr knapp. Und doch bemächtigt sich ein Siegestaumel der ganzen Truppe, der dazu führt, dass die nächste Niederlage schon hinter den Ohren hervorblinzelt. So kann es nicht weitergehen. Im vierten Spiel greift Christof B. im grellen Neonlicht der Hallenlampen zur Brechstange. 'Wir müssen glaubhaft sein', rechtfertigt er mehrere Cross-Country-Knifes gegen die Dizziness und hat damit Erfolg. Groningen ist verwirrt. Immer wieder drischt der alte Haudegen präzise Pässe in den Rücken der Groniger Defense. Die resultierende 8:13 Niederlage ist wie ein Sieg... angesichts der Tatsache, dass den Groningern Gegenpunkte bis dahin mehr oder weniger unbekannt waren.

Samstag Abend: Der Schnee knirscht unter den Füßen von Karsten B, dessen klamme Finger nach den vierundzwanzig Dosen Premium Pilsener im Heck des roten Astra greifen. Einige Minuten später hat sich die Anzahl der Dosen auf sechs reduziert. Gegen das Scheitern hilft nur Alkohol. Während Matthias B. und Karsten B. Trost an der Seite von Steffi H. suchen, einer atemberaubenden Amazone, die mit den Kobolden durch die Nacht zieht, versucht sich ein Teil des Team rhythmisch in Trance zu tanzen. Ein anderer bewirft arglose Passanten mit Hamburger Speck, um so Auseinandersetzungen zu provozieren, in denen der angestauten Frustration Luft verschafft werden kann. Nichts hilft. Schließlich eskaliert die Situation in der mutwilligen Zerstörung der Adventsdekoration durch den Hünen Bockes B. Um 22 Uhr ist der Spuk vorbei. Der breitschultrige DJ mit dem grimmigem Blick gibt unseren Helden unmissverständlich zu verstehen, dass die Party nun vorüber sei, zumindest im Inneren der Location. Vor der Tür werden weiterhin alle Substanzen konsumiert, die die zwielichtige Dealerin aus Wuppertal aus ihrem Körbchen hervorzaubert. Die Nacht verschlingt die Niederlagen des Tages.

Sontag Morgen: Aus dem Dämmerlicht schiebt sich Sebastian Z. in den trübenn Schein der Deckenleuchten, unter denen Berge von konsistenzlosem holländischem Brot aufgeschichtet sind. Nein, dem Kaffee ist auch an diesem Morgen kein Lächeln abzugewinnen. An seiner Seite predigt Bastian G. die taktische Marschroute des heutigen Tages: 'Wir müssen wach sein. Noch viel wacher! Richtig, richtig mörderisch wach!' 'Ja', denkt das Gehirn Tommy M., 'ich bin wach. Ich war gestern wach und vorgestern. Und letztes Jahr, und vorletztes Jahr auch. Aber jetzt werde ich so wach sein wie nie zuvor. Ich werde so wach sein wie... Bastian G.' Und es geht ein Ruck durch das Team. Mit der Entschlossenheit eines Gebirgswolfes und todbringendem Mundgeruch stürzen sich die zehn Männer auf die gegnerischen Teams des heutigen Tages und ringen sie allesamt nieder. Am Ende leitet Thorsten S. aus einer Reihe von Integralen und boolschen Algorithmen ab, dass nur ein ungünstiger Vierervergleich zwischen Team und Halbfinale gestanden hat. Er kommt damit den Berechnungen der Turnierleitung um einige Minuten zuvor. Steffi H. dagegen ist mit den Kobolden ins Finale getanzt. Der ganz große Triumph jedoch ist auch ihr versagt gewesen. Tommy M. arbeitet heute als Bioinformatiker in Hamburg. Matthias B. und Karsten B. arbeiten überhaupt nicht. Sebastian Z. wanderte nach Südwesten aus, Christof B. leitet heute... u.s.w.

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